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Chronische Erkrankung und Meditation

Wer zum ersten Mal als Patient mit der Homöopathie zu tun hat, wird neue Erfahrungen sammeln und mit Fragen konfrontiert, die ihm noch nie gestellt wurden. Gerade bei der Behandlung chronischer Krankheiten wird der Unterschied zwischen Homöopathie und Schulmedizin deutlich.

In der klassischen Homöopathie werden die chronischen Erkrankungen wie Rheuma, Gicht, Migräne, Allergien usw. nicht isoliert als eigenständige Krankheit betrachtet, sondern als EINE Störung der Lebenskraft. Erst aus der gesamten Fallaufnahme und der ganzen Krankengeschichte ergibt sich die Wahl des homöopathischen Arzneimittels.

Wichtig für die Wahl des Heilmittels ist hier die Suche nach den auslösenden Faktoren  für die chronische Krankheit. Der Behandler sucht nach Momenten im Leben des Patienten, in denen die Lebenskraft (die Lebensabläufe im Organismus) verstellt wurde.

Weiterhin sucht der Homöopath nach der Veranlagung für diese Krankheit und zwar auch bei den Eltern und Großeltern des Patienten. So spielt die Häufung von bestimmten Krankheiten oder Zeichen innerhalb der Familie eine Rolle bei der Suche nach dem "Miasma", nach der Art der Krankheit.

Für die klassisch arbeitenden Homöopathen gibt es verschiedene Gruppen von Veranlagungen (Miasmen). Sie können als Grundtendenzen betrachtet werden oder als chronische Störungen  in der Lebenskraft. Das Wort Miasma leitet sich aus dem Griechischem ab und bedeutet übersetzt etwa Verunreinigung oder Besudelung. Auf der organischen Ebene findet sich dies z. B. in fehlerhaften Genen wieder. 
So ist der gesamte Organismus ein Ausdruck der Lebenskraft, der Seele, des menschlichen  Seins. Diese Gesamtheit macht unser Sein aus, mit allen unseren Fähigkeiten und Schwierigkeiten — und eben auch Krankheiten.

Ähnlich werden in der Meditation bzw. in der buddhistischen Tradition dem menschlichen Geist verschiedene Grundtendenzen zugeordnet,  ähnlich wie die Miasmen der Lebenskraft zugeordnet werden. Die Lösung oder Heilung im höchsten Sinne wird erreicht, in dem der Meditierende diese Tendenzen oder Kleshas (frei  übersetzt: Schleier des Geistes) als solche erkennt und als nicht wahrhaft existent "durchschaut". Er erfährt aus diese Weise, dass sein eigenes Sein nicht verschieden ist von  dem aller anderen fühlenden Wesen. Daraus erwächst ein unermessliches Mitgefühl und der  Wunsch, allen anderen Wesen auch auf die erleuchtete Stufe zu helfen.

Im Beginn der Meditationspraxis geht es aber zunächst darum, den Geist durch Beobachtung und Konzentration zur Ruhe zu bringen. Dadurch wird der Meditierende in die  Lage versetzt zu sehen und zu erfahren, dass die Gedanken und Gefühle, die auftauchen, nicht von Dauer sind. Sie kommen und gehen. Und sie sind nicht das Essentielle unseres Seins. Denn ganz langsam wird sich  hinter den ganzen Gedanken und Gefühlen etwas auftun, was unser eigentliches Sein ausmacht und im Grunde uns alles das gibt, was wir zum Sein brauchen. Die strahlende Natur unseres eigenen Geistes, frei übersetzt ins "Homöopathische": die Lebenskraft. Die Kraft, die alles in unserem Sein und Organismus regelt und "nur" deshalb Krankheiten produziert, weil sie verstimmt, verschmutzt, verschleiert ist.

In wie weit die Sinne und unserer Körper in seiner Unvollkommenheit ein Produkt dieser Schleier sind und in wie weit sich dies überhaupt  trennen lässt von dem Eigentlichen, der unbeschmutzten, miasmatisch nicht belasteten Lebenskraft, möchte ich hinterfragen. Ein Zitat von Dr. Samuel Hahnemann über die Lebenskraft und die Wirkungsweise der Miasmen bringt es auf den Punkt: "Die wahren natürlichen Krankheiten sind die von einem chronischen Miasma entstandenen, welche sich selbst überlassen und ohne Gebrauch gegen sie spezifischer Heilmittel, immerdar zunehmen und selbst bei dem besten, geistig und körperlich und diätetischem Verhalten, dennoch  steigen und den Menschen mit immerdar erhöhten Leiden bis ans Ende des Lebens quälen." Die Ansteckung ist immer energetisch dynamisch und zeigt sich in  materieller Form als Symptom/Krankheit und als Begleitumstand zeigen sich Erreger.

In der Homöopathie werden die der Krankheit zu Grunde liegenden Miasmen mit spezifischen homöopathischen Arzneien behandelt. Am Anfang unseres ersten "ImPulse-Heftes  schrieben wir: "Gesundheit bedeutet für uns die Illusion aufzugeben, uns von anderen getrennt zu sehen". Auch hier die Untrennbarkeit. Die strahlende Lebenskraft und die Verschmutzung = miasmatische Belastung sind nicht zu trennen, genauso wenig wie die uns inne wohnende Buddha-Natur von unserem menschlichen Sein. Die Ansteckung mit einem Miasma  im homöopathischen Sinne läuft über eine energetische-dynamische Ansteckung (oder Vererbung). Im buddhistisch philosophischen greift der (unbeschmutzte, natürliche) Geist in einem Moment der Unachtsamkeit nach einer Illusion — und trennt sich in ein Ich und ein Du. Anhaftung und Abneigungen entstehen daraus und daraus wiederum Handlungen und Einstellungen, die uns in karmischen Abhängigkeiten halten. Dies sind — einfach gesagt — die Schleier, die den Geist verdunkeln; so wie die Miasmen die Lebenskraft.

Die Ähnlichkeit beider Betrachtungsweisen ist deutlich erkennbar. In diesem Konsens ist nachvollziehbar, dass die Ursache für Krankheit und  Leid je nach Betrachtungs- weise in diesen Schleiern bzw. Miasmen begründet sind. Dass diese nicht fest stehend sind, sondern sich in jedem Moment verändern und neu bilden, ermöglicht jedem Einzelnen, Einfluss zu nehmen. Dass diese, wie oben beschrieben, nicht von dem Eigentlichen zu  trennen sind, beschreibt eine buddhistische Weisheit: "Form ist Leerheit  und Leerheit ist Form — Erscheinung und Leerheit sind untrennbar". Und Dr. Hahnemann erklärt dies z. B. so: "Jedes dieser Miasmen war schon im Besitze des ganzen  Organismus und hatte ihn schon in all seinen Teilen durchdrungen, ehe dessen erstes  Symptom zum Vorschein kam." Am Ende seines Lebens schreibt Hahnemann 1843 sinngemäß: Die unschätzbarsten Güter sind ein reines Gewissen, Liebe zu Gott und Selbsterkenntnis, gute Ernährung und gutes soziales Umfeld. Sie geben das Eine — die Homöopathie das Andere. Hahnemann, der mit Meditation vertraut war (er gehörte einer Freimaurerloge an), hatte einen Einblick in die Natur seines Geistes und er nutzte seine Erfahrungen, um dies geniale Heilsystem zu schaffen und zu etablieren. Es hat in den vergangenen 200 Jahren an Aktualität nichts eingebüßt — im Gegenteilnur dazu gewonnen, genau so wie die fernöstlichen Philosophien für Menschen im Westen eine Bereicherung  sind.

Meditationen erfolgen regelmäßig dienstags 20.30 Uhr im ImPulse-Haus. Jeder Interessierte ist herzlich willkommen.